Bewertung landwirtschaftlicher Wirtschaftsgüter
Betriebe der Land- und Forstwirtschaft oder Anteile daraus, die innerhalb eines Zeitraums von 15 Jahren nach dem Bewertungsstichtag veräußert werden, werden abweichend von der Bewertung nach dem Reingewinn- bzw. Mindestwertverfahren mit dem Liquidationswert bewertet. Rechtsgrundlage ist § 166 BewG. Die Bewertung mit dem Liquidationswert erfolgt rückwirkend auf den Bewertungsstichtag.
Nachweis eines niedrigeren Verkehrswertes
In der Praxis ergeben sich oft große Unterschiede zwischen jenem vom Finanzamt (fiktiv) ermittelten Liquidationswert und dem Veräußerungspreis, den die Landwirtin/ der Landwirt bei Veräußerung tatsächlich erhält. So war es auch in dem Fall, den der Bundesfinanzhof (BFH) zu entscheiden hatte (Urteil vom 30.1.2019, II R 9/16). Während das Finanzamt für zwei Grundstücke, die als Ackerland genutzt wurden, einen Grundbesitzwert von mehr als € 235.000,00 ermittelte, erhielt der Landwirt bei Veräußerung lediglich rund € 123.000,00. Der Landwirt wollte, dass das Finanzamt diesen Betrag für die Erbschaftsteuer zugrunde legt, ohne Erfolg.
Entscheidung des BFH
Die Revision vor dem BFH war für den Landwirt hingegen erfolgreich. Denn der BFH ließ für Zwecke der Erbschaftsteuer den niedrigeren tatsächlichen Veräußerungspreis als maßgeblichen gemeinen Wert zu. Der BFH gab der Auffassung der Finanzverwaltung und der Erstinstanz insoweit recht, dem die Bewertungsvorschrift die Möglichkeit des Nachweises eines niedrigeren gemeinen Werts für den Grund und Boden nicht zulässt. Gleichwohl orientiert sich der Liquidationswert durch den Ansatz der Bodenrichtwerte am gemeinen Wert, also am Verkehrswert.
Übermaßverbot
Der BFH verwies in seiner Entscheidung auf das verfassungsrechtlich verankerte „Übermaßverbot“. Danach kann ein Steuerpflichtiger den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts auch dann führen, wenn dies von Gesetzes wegen nicht vorgesehen ist (es also keine „Öffnungsklausel“ gibt). Der BFH schränkte allerdings auch ein, dass der tatsächlich niedrigere Veräußerungspreis nur dann zum Tragen kommen kann, wenn der festgestellte Grundstückswert (Liquidationswert) – wie im Streitfall – extrem über das normale Maß hinaus geht.
Stand: 27. Mai 2019